Tarifvertrag zur Qualifizierung für Beschäftigte der Metall- und Elektroindustrie in Baden-Württemberg

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IG Metall

Bezirk Baden-Württemberg

Abschluss:11.11.2021

Gültig ab:01.01.2022

Kündbar:3 Monate zum Quartal

Zwischen dem

Verband der Metall- und Elektroindustrie

Baden-Württemberg e. V. (Südwestmetall)

und der

IG Metall

Bezirk Baden-Württemberg

Bezirksleitung Baden-Württemberg

wird folgender

Tarifvertrag zur Qualifizierung für die Beschäftigten in der Metall- und Elektroindustrie in

Baden-Württemberg

vereinbart:

Präambel

Die Tarifvertragsparteien stimmen überein, dass die Frage der Qualifizierung und das lebenslange Lernen ein Schlüssel für die Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit der Betriebe, der Sicherung der Arbeitsplätze und der Beschäftigungsfähigkeit der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ist.

Die Tarifvertragsparteien bekennen sich mit diesem Tarifvertrag zu diesen Zielen und zu ihrer Aufgabe, den Rahmen für diese Zukunftsfrage zu schaffen.

§ 1

Geltungsbereich

1.1Dieser Tarifvertrag gilt:

1.1.1räumlich:

für das Tarifgebiet Baden-Württemberg

1.1.2fachlich:

für alle Betriebe, deren Inhaber Mitglied des Verbandes der Metall- und Elektroindustrie Baden-Württemberg e.V. (Südwestmetall) ist.

1.1.3persönlich:

für alle in diesen Betrieben beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die Mitglied der IG Metall sind. Diese gelten als Beschäftigte im Sinne dieses Tarifvertrages.

1.1.3.1Nicht als Beschäftigte im Sinne dieses Tarifvertrages gelten die Vorstandsmitglieder und gesetzlichen Vertreter von juristischen Personen und von Personengesamtheiten des privaten Rechts, ferner die Geschäftsführer und deren Stellvertreter, alle Prokuristen und leitenden Angestellten im Sinne des § 5 Abs. 3 BetrVG.

1.2.1Der Tarifvertrag regelt die Mindestbedingungen der Arbeitsverhältnisse. Ergänzende Bestimmungen können durch Betriebsvereinbarung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat vereinbart werden.

Derartige Bestimmungen können - auch in Einzelteilen - nicht zuungunsten von Beschäftigten vom Tarifvertrag abweichen.

1.2.2Im Einzelarbeitsvertrag können für den Beschäftigten günstigere Regelungen vereinbart werden.

1.2.3Die Rechte des Betriebsrates bleiben unberührt, soweit nicht durch diesen Tarifvertrag eine abschließende Regelung getroffen ist.

§ 2

Betriebliche Weiterbildung

Betriebliche Weiterbildung im Sinne dieses Tarifvertrages sind notwendige Qualifizierungs¬maßnahmen, die dazu dienen,

-die ständige Fortentwicklung des fachlichen, methodischen und sozialen Wissens im Rahmen des eigenen Aufgabengebietes nachvollziehen zu können (Erhaltungsqualifizierung).

-veränderte Anforderungen im eigenen Aufgabengebiet erfüllen zu können (Anpassungsqualifizierung).

-eine andere gleichwertige oder höherwertige Arbeitsaufgabe für zu besetzende Arbeitsplätze übernehmen zu können. Dies gilt insbesondere beim Wegfall von Arbeitsaufgaben.

Eine Qualifizierungsmaßnahme ist eine zeitlich, inhaltlich abgegrenzte und beschriebene Maßnahme. Sie ist nicht mit der Festlegung auf bestimmte Methoden verbunden und kann arbeitsplatznah („training on the job“) oder in anderen internen und externen Maßnahmen durchgeführt werden. Die Teilnahme an einer Qualifizierungsmaßnahme wird dokumentiert und dem Beschäftigten bestätigt.

Keine Qualifizierungsmaßnahmen im Sinne dieser Bestimmung sind Maßnahmen persönlicher Weiterbildung nach § 5 und § 6.

§ 3

Vereinbarung und Durchführung der Qualifizierungsmaßnahmen

3.1Beschäftigte haben Anspruch auf ein regelmäßiges Gespräch mit dem Arbeitgeber, in

dem gemeinsam festgestellt wird, ob ein Qualifizierungsbedarf besteht. Soweit ein Qualifizierungsbedarf besteht, werden die notwendigen Qualifizierungsmaßnahmen vereinbart. Hierzu können die Beschäftigten Vorschläge machen. Zur Vereinbarung der Qualifikationsmaßnahmen gehört ggf. auch die Festlegung von Prioritäten zwischen notwendigen Qualifizierungsmaßnahmen. Dieses Gespräch kann auch als Gruppengespräch durchgeführt werden. Einzelheiten des Verfahrens können durch Betriebsvereinbarung geregelt werden. Wird nichts anderes geregelt ist das Gespräch jährlich zu führen.

Steht fest, dass Beschäftigte in der gesetzlichen Elternzeit und in Kindererziehungszeiten (§ 2.5 MTV) zu einem bestimmten Zeitpunkt in den Betrieb zurückkehren, haben auch sie den Anspruch auf ein solches Gespräch. Eine eventuell daraus resultierende Maßnahme soll nach Möglichkeit vor Rückkehr durchgeführt werden.

Soweit erforderlich, wird im Rahmen der Gespräche bei älteren Beschäftigten besonders auf deren Basiswissen im eigenen Aufgabengebiet eingegangen. Ziel ist, deren Qualifikation auf dem jeweils erforderlichen Stand für ihre Aufgabenerledigung zu halten.

Wird zwischen Beschäftigten und Arbeitgeber kein Einvernehmen über den Qualifizierungsbedarf und/oder die daraus resultierenden notwendigen Qualifizierungsmaßnahmen erzielt, gilt § 4.

Darüber hinaus können Vorgesetzte, Beschäftigte oder Betriebsrat Qualifikationsmaßnahmen vorschlagen, wenn kurzfristig hierfür Bedarf besteht.

3.2Der Arbeitgeber informiert den Betriebsrat über den Qualifizierungsbedarf und

vereinbarte Qualifizierungsmaßnahmen. Arbeitgeber und Betriebsrat beraten mindestens jährlich über die Umsetzung unter Berücksichtigung der betrieblichen Prioritäten. Bei der Beratung des Qualifizierungsbedarfes ist insbesondere die nachhaltige Sicherung und Förderung der Beschäftigungsfähigkeit von an- und ungelernten Beschäftigten durch Qualifizierung zu berücksichtigen. Weitergehende Mitbestimmungsrechte nach BetrVG bleiben hiervon unberührt.

Arbeitgeber und Betriebsrat sollen nach Möglichkeit und Notwendigkeit spezielle Programme zur Qualifizierung an- und ungelernter Beschäftigter vereinbaren. Bei einem

einvernehmlich festgestellten Qualifizierungsbedarf sind für an- und ungelernte Beschäftigte Maßnahmen zur abschlussorientierten Berufsqualifizierung anzubieten. Individuell angemeldete Interessen an solchen Maßnahmen sind angemessen zu berücksichtigen.

Die o.g. Maßnahmen orientieren sich an der Sozialpartnervereinbarung „Vom Einstieg zum Aufstieg“.

Solche Programme können den Anspruch nach § 3.1 ersetzen, soweit dieser durch das Programm inhaltlich abgedeckt ist.

3.3Zur Ermittlung der jeweils erforderlichen Qualifikationsmaßnahmen kann auf die

Erfahrungen der gemeinsamen Agentur zur Förderung der betrieblichen Weiterbildung zurückgegriffen werden.

3.4Die Kosten dieser Qualifizierungsmaßnahmen werden, soweit sie nicht von Dritten

übernommen werden, vom Arbeitgeber getragen.

Die Zeit der Qualifizierungsmaßnahme sowie die innerhalb der vereinbarten individuellen regelmäßigen Arbeitszeit liegende Reisezeit, gelten als Arbeitszeit; das Monatsentgelt wird fortgezahlt.

3.4.1Soweit die Qualifizierungsmaßnahme außerhalb der vereinbarten täglichen oder wöchentlichen Arbeitszeit stattfindet, wird die aufzuwendende Zeit ohne Mehrarbeitszuschlag vergütet oder auf Wunsch des Beschäftigten ganz oder teilweise durch bezahlte Freizeit ausgeglichen. Dabei sind die betrieblichen Erfordernisse zu berücksichtigen.

3.4.2Reisezeit, soweit sie auf Samstage, Sonn- oder Feiertage fällt, wird zuschlagsfrei wie Arbeitszeit vergütet. Bestehende betriebliche Regelungen bleiben unberührt.

3.4.3Bei ganztägigen Qualifizierungsmaßnahmen wird das Entgelt weiter bezahlt, die ausgefallene Arbeitszeit an diesem Arbeitstag gilt als erfüllt. Bei Gleitzeitregelungen liegt eine ganztägige Qualifizierungsmaßnahme vor, wenn die Maßnahme 1/5 der individuellen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit (IRWAZ) beansprucht.

3.4.4§ 13.12 ERA-TV gilt entsprechend.

3.5.1Die Beschäftigten sind verpflichtet, bei der Ermittlung des Qualifizierungsbedarfes mitzuwirken. Hierzu gehört insbesondere die Teilnahme an den vereinbarten Qualifizierungsgesprächen und -maßnahmen.

3.5.2Lehnen Beschäftigte die Teilnahme an einer vereinbarten Qualifikationsmaßnahme ohne wichtigen Grund ab, gilt § 12.5 ERA-TV. Im Übrigen gelten die Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsvertrag.

3.5.3Beschäftigte, die an einer Qualifizierungsmaßnahme im Sinne des § 2 teilgenommen haben, sind verpflichtet, die dadurch erreichte Qualifikation einzusetzen, soweit die Arbeitsaufgabe dies verlangt. Dies schließt einen flexiblen und bedarfsorientierten Einsatz ein.

3.6Beschäftigte in Fließ-, Fließband und/oder Taktarbeit,

-bei inhaltlich einförmigen, monotonen, sich ständig wiederholenden Arbeitsaufgaben mit geringen Anreizen aus den Arbeitsinhalten oder

-ohne Möglichkeit zu sozialen Kontakten

sind bei der Besetzung von anderen gleichwertigen oder höherwertigen Arbeitsaufgaben bei gleicher Eignung vorrangig zu berücksichtigen. Für die ggf. notwendige Qualifizierung gelten § 2 und § 3.1.

Diese Voraussetzungen liegen nicht vor, wenn eine Anreicherung durch arbeitspolitisch wirksame Ausgleichsmechanismen erfolgt. In der Regel sind geeignete Ausgleichsmechanismen: Mehrtaktarbeit, Gruppenarbeit, job-rotation, Aufgabenanreicherung, etc.

§ 4

Konfliktlösung

4.1Kann in Betrieben mit über 300 Beschäftigten kein Einvernehmen i.S.d. § 3.1 zwischen

Beschäftigten und Vorgesetzten hergestellt werden, wird versucht, in einer paritätischen Kommission eine einvernehmliche Lösung zu erzielen.

4.2In Betrieben mit bis 300 Beschäftigten erfolgt diese Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.

4.3Die paritätische Kommission gem. § 4.1 setzt sich aus bis zu je drei Vertretern des

Arbeitgebers und der Beschäftigten zusammen. Die Vertreter des Arbeitgebers werden von diesem, die Vertreter der Beschäftigten vom Betriebsrat bestimmt. Beide Seiten benennen eine entsprechende Anzahl an Stellvertretern.

Die Mitglieder und Stellvertreter der paritätischen Kommissionen sind für ihre Aufgaben aus dem Tarifvertrag ohne Minderung des Entgelts freizustellen.

5 Rechtsanspruch auf diesen Tarifvertrag haben nur Mitglieder der IG Metall

Mitglied werden: http://www.bw.igm.de

4.4Kommt eine einvernehmliche Lösung in der paritätischen Kommission bzw. zwischen

Arbeitgeber und Betriebsrat nicht zustande, wird ein Vertreter der Agentur zur Förderung der betrieblichen Weiterbildung (§ 8) hinzugezogen. Dieser erhält Stimmrecht.

Betriebe mit über 300 Beschäftigten können andere, gleichwertige Verfahren der betrieblichen Konfliktlösung vereinbaren.

4.5Der Vertreter der Agentur hat bei seiner Entscheidung sowohl die Notwendigkeit der

Weiterbildung der Beschäftigten als auch die wirtschaftliche und organisatorische Leistungsmöglichkeit des Betriebes zu berücksichtigen.

§ 5

Persönliche Weiterbildung - Teilzeitmodelle

5.1. Bildungsteilzeit

5.1.1Modelle

Vollzeitbeschäftigte haben nach 5 Jahren Betriebszugehörigkeit Anspruch auf eine einmalige befristete Teilzeit für weitergehende Qualifizierungsmaßnahmen im Rahmen der persönlichen beruflichen Entwicklung. Die Qualifizierungsmaßnahme muss im Grundsatz geeignet sein, voraussichtlich eine dem betrieblichen Bedarf an Qualifikation entsprechende Tätigkeit auszuüben.

Für Ausgebildete, die unbefristet übernommen wurden, gilt diese 5-Jahresfrist als erfüllt. Dabei gilt Folgendes:

-Ein Anspruch auf befristete Teilzeit besteht auf die Hälfte der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit.

-In Betrieben ab 500 Beschäftigten, in konzernabhängigen Betrieben ab 300 Beschäftigten, gilt dies für 1 % der Beschäftigten auch in Form einer bis zu insgesamt 7¬jährigen verblockten Teilzeit. Stehen zwingende betriebliche Gründe entgegen, kann der Arbeitgeber dem i. R. des § 8 Abs. 4 TzBfG widersprechen. Der Anspruch auf verblockte Teilzeit setzt voraus, dass die Arbeitsphase vor der Freistellungsphase abgeleistet wird. Im Blockmodell gilt dies für Ausgebildete, die unbefristet übernommen wurden, sofern zum Eintritt in die Freistellungsphase eine Betriebszugehörigkeit von mindestens 5 Jahren erreicht ist. Während der Freistellungsphase entsteht kein tariflicher Urlaubsanspruch.

-Eine andere Form oder ein anderes Volumen der Teilzeit kann zwischen Arbeitgeber und Beschäftigten vereinbart werden.

5.1.2Ankündigungsfristen

6 Rechtsanspruch auf diesen Tarifvertrag haben nur Mitglieder der IG Metall

Mitglied werden: http://www.bw.igm.de

Die Ankündigungsfristen für den Anspruch nach § 5.1.1 betragen

-bei einer Qualifizierungsmaßnahme bis zu 3 Monaten, 3 Monate vor Beginn der Maßnahme

-bei einer Qualifizierungsmaßnahme von über 3 Monaten, 6 Monate vor Beginn der Maßnahme

Beschäftigte haben den Arbeitgeber nach Anmeldung zu einer solchen Qualifizierungsmaßnahme zu informieren.

5.2Förderung

Soweit sich die Betriebsparteien auf eine freiwillige Betriebsvereinbarung nach § 14.2 TV FlexÜ verständigen, ist dort festzulegen, welcher Anteil der Quote gem. § 12.1.1 TV FlexÜ für Bildungsteilzeit verwendet wird. Für den vereinbarten Zeitraum reduziert sich der Anspruch, bzw. die Quote für Altersteilzeit entsprechend.

Das für eine Förderung von Maßnahmen der persönlichen Weiterbildung zur Verfügung stehende Volumen berechnet sich danach wie folgt: Für jeden 0,1 %-Punkt weniger Altersteilzeit unterhalb der Quote von 4 % sind 0,02 % der tariflichen Bruttoentgeltsumme des Betriebes aufzuwenden. Die Zurverfügungstellung dieses Volumens beinhaltet daher eine wertgleiche Verwendung.

Ein wertgleiches Modell der Förderung für Teilzeiten (geförderte Bildungsteilzeit) von 50 % oder weniger Arbeitszeit gem. § 5.1 ist beispielsweise die Gewährung von Bruttozuschüssen, die sich ausgehend vom 50 %-igen Teilzeitentgelt aus der Bruttoaufstockungstabelle des TV FlexÜ ergeben. Im Rahmen solcher Modelle besteht kein Anspruch auf zusätzliches Urlaubsgeld und die tariflich abgesicherte betriebliche Sonderzahlung. Die Berechnung des Zuschusses erfolgt einmalig mit Beginn der Bildungsteilzeit und bleibt während ihrer Dauer unverändert.

Die Zuschüsse können im Rahmen der freiwilligen Betriebsvereinbarung auch abhängig von Art und Dauer der Bildungsmaßnahme in unterschiedlicher Höhe festgelegt werden. Auch kann durch geringere Zuschüsse die Anzahl der Begünstigten entsprechend erhöht werden.

Für den Fall, dass im Betrieb mehr Anträge auf geförderte Bildungsteilzeit gestellt werden, als Volumen gem. § 5.2 Abs. 2 zur Verfügung steht, verständigen sich Arbeitgeber und Betriebsrat auf Kriterien für deren Auswahl. Kommen im Betrieb weniger Verträge mit geförderter Bildungsteilzeit zu Stande, als im Rahmen des Volumens gem. § 5.2 Abs. 2 möglich sind, und erfüllen Beschäftigte im Übrigen die Anforderungen der § 5.1.1 Abs. 1 und 2 kann ein Antrag auf geförderte Bildungsteilzeit nur aus besonderem Grund abgelehnt werden. Ein solcher besonderer Grund liegt vor, wenn der Arbeitgeber glaubhaft darlegen kann, dass auch in mittelfristiger Perspektive die erworbene

Qualifikation des Beschäftigten betrieblich nicht benötigt wird. Im Rahmen der freiwilligen Betriebsvereinbarung kann vereinbart werden, verblockte Bildungsteilzeit auf die Überlastquote des § 5.1.1 anzurechnen.

In Streitfällen entscheidet die paritätische Kommission entsprechend § 4.1 abschließend.

Die Betriebsparteien können durch freiwillige Betriebsvereinbarung in den Grenzen des errechneten Volumens auch andere Unterstützungsformen vereinbaren.

Rückzahlungsklauseln im Rahmen zulässiger Bindungsfristen sollen für den Fall vereinbart werden, dass Beschäftigte einen Abbruch der Maßnahme oder die Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Anschluss an eine bezuschusste Bildungsphase zu vertreten haben.

5.3Zusätzliche Ausgestaltung

Um die Absenkung der Monatsentgelte im Rahmen einer Bildungsteilzeit gemäß § 5.1 und § 5.2 TV Quali teilweise zu kompensieren, können unabhängig von Zuschüssen nach § 5.2 zusätzlich für den Zeitraum der jeweiligen Bildungsteilzeit zwischen Arbeitgeber und Beschäftigten vereinbart werden:

(1)monatliche Aufzahlungen, die mit tariflichen Jahresleistungen (betriebliche Sonderzahlung und/oder zusätzliches Urlaubsgeld) verrechnet werden, soweit ein Anspruch hierauf besteht, und/oder

(2)Entnahme aus einem bestehenden Wertguthaben bzw. Langzeitguthaben im Sinne des § 22 MTV, sofern die zugrundeliegende Regelung diesen Verwendungszweck vorsieht.

Bei Entnahme von Wertguthaben muss das monatlich insgesamt fällige Arbeitsentgelt angemessen im Sinne des § 7 Abs. 1a Nr. 2 SGB IV sein.

5.4Beendigung der Bildungsteilzeit

Nach Ende der Bildungsteilzeit haben die Beschäftigten Anspruch auf einen dem vorherigen Arbeitsplatz vergleichbaren, zumutbaren, gleich- oder höherwertigen Arbeitsplatz. Dieser ist bei vorher Vollzeitbeschäftigten ein Vollzeitarbeitsplatz.

Wird die Qualifizierungsmaßnahme nicht angetreten oder abgebrochen, erfolgt die Weiterbeschäftigung an dem bisherigen oder einem gleichwertigen Arbeitsplatz bzw. die Rückkehr zur ursprünglich vereinbarten Arbeitszeit nur, soweit der Anspruch unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von 14 Tagen geltend gemacht wird, d.h. sobald feststeht, dass die Qualifizierungsmaßnahme nicht mehr mit dem beabsichtigten Ziel beendet werden kann. Für diesen Fall erhöht sich, soweit einvernehmlich keine andere Lösung gefunden wird, die Arbeitszeit nach Ablauf einer Wartefrist von 3 Monaten.

§ 6

Persönliche Weiterbildung - Befristete Ausscheidensvereinbarung mit Wiedereinstellungszusage

6.1Beschäftigte können anstelle des Anspruchs auf Teilzeit gem. § 5.1 nach 5 Jahren Betriebszugehörigkeit eine einmalige, bis zu 5 Jahren befristete Ausscheidensvereinbarung mit gleichzeitiger Wiedereinstellungszusage für weitergehende Qualifizierungsmaßnahmen im Rahmen der persönlichen beruflichen Entwicklung geltend machen.

Nach Bewilligung zur Teilnahme an der Qualifizierungsmaßnahme vereinbaren die Arbeitsvertragsparteien die befristete Ausscheidensvereinbarung mit gleichzeitiger Wiedereinstellungszusage.

Die Ankündigungsfristen betragen

-bei einer Qualifizierungsmaßnahme bis zu 3 Monaten, 3 Monate vor Beginn der Maßnahme

-bei einer Qualifizierungsmaßnahme von über 3 Monaten, 6 Monate vor Beginn der Maßnahme

Beschäftigte haben den Arbeitgeber nach Anmeldung zu einer solchen Qualifizierungsmaßnahme zu informieren.

Die Qualifizierungsmaßnahme muss im Grundsatz geeignet sein, voraussichtlich eine dem betrieblichen Bedarf an Qualifikation entsprechende Tätigkeit auszuüben.

Protokollnotiz:

Qualifizierungsmaßnahmen können auch aufeinander folgende bzw. aufbauende Maßnahmen (z.B. Schulabschluss plus Studium) sein.

6.2Mit Zustimmung des Betriebsrates kann von der Verpflichtung zur Wiedereinstellung abgewichen werden, wenn zum Zeitpunkt der Beendigung der Qualifizierungsmaßnahme des Beschäftigten das Angebot eines entsprechenden Arbeitsplatzes wegen akuter Beschäftigungsprobleme im Betrieb nicht möglich ist. Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, entscheidet auf Antrag des Arbeitgebers die tarifliche Schlichtungsstelle gemäß § 8 des Tarifvertrags zur Beschäftigungssicherung.

6.3Die Beschäftigungszeiten vor Beginn der persönlichen Weiterbildung werden bei Wiedereinstellung für Ansprüche aller Art, die dem Grund oder der Höhe nach von der Dauer der Betriebszugehörigkeit abhängig sind, angerechnet.

6.4Auszubildende

Den Anspruch auf eine einmalige, bis zu 5 Jahren befristete Ausscheidensvereinbarung mit gleichzeitiger Wiedereinstellungszusage für weitergehende Qualifizierungsmaßnahmen im Rahmen der persönlichen beruflichen Entwicklung können auch Auszubildende vor Abschluss der Ausbildung für die Zeit im Anschluss an ihre Ausbildung im Betrieb geltend

machen. Voraussetzung ist ein bestehender Anspruch auf Übernahme gem. § 25 MTV Ausbildung. Die tariflichen Regelungen der §§ 25.2 Abs. 2 bis 25.5 MTV Ausbildung gelten entsprechend.

In diesem Fall beträgt die Ankündigungsfrist 12 Wochen vor Beendigung der Ausbildung . Bei Qualifizierungsmaßnahmen, die länger als 12 Monate dauern, beträgt sie mindestens aber 6 Monate vor Beginn der Qualifizierungsmaßnahme. Wird die Übernahme in ein Arbeitsverhältnis erst im Rahmen der tariflichen Schlichtungsstelle entschieden, hat der Auszubildende diesen Anspruch im Anschluss unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von 14 Tagen geltend zu machen.

Wird die Qualifizierungsmaßnahme im unmittelbaren Anschluss an die Ausbildung durchgeführt, können die Ausgebildeten ihre tariflichen Rechte auf eine Übernahme in ein Beschäftigungsverhältnis nach dem MTV Ausbildung für die Zeit im direkten Anschluss an die Qualifizierungsmaßnahme geltend machen. Für die an die Qualifizierungsmaßnahme anschließende Einstellung gelten die gleichen Übernahmebedingungen, wie sie nach Ausbildung gegolten hätten.

Kann die Qualifizierungsmaßnahme nicht im unmittelbaren Anschluss an die Ausbildung durchgeführt werden, erfolgt die Übernahme gemäß MTV Ausbildung. Bei einer befristeten Übernahme gilt Folgendes: Nach Beendigung der Qualifizierungsmaßnahme wird das ursprüngliche Arbeitsverhältnis nach Geltendmachung durch den Beschäftigten mit Wiedereintritt bis zur ursprünglich vereinbarten Gesamtdauer fortgesetzt. Eine nach Abschluss der Ausbildung und vor Aufnahme der Qualifizierungsmaßnahme im Betrieb verbrachte Zeit wird auf diese Gesamtdauer angerechnet.

Protokollnotiz

Die Tarifvertragsparteien stimmen darin überein, dass dieses Verfahren einen eigenständigen sachlichen Befristungsgrund im Sinne von § 14 Abs. 1 TzBfG darstellt.

§ 6.15. Absatz, die Protokollnotiz in § 6.1 sowie § 6.2 gelten entsprechend.

6.5Nach Ende der Qualifizierungsmaßnahmen haben die Beschäftigten Anspruch auf einen dem vorherigen Arbeitsplatz vergleichbaren, zumutbaren gleich- oder höherwertigen Arbeitsplatz. Dieser ist bei vorher Vollzeitbeschäftigten ein Vollzeitarbeitsplatz. Wird die Qualifizierungsmaßnahme nicht angetreten oder abgebrochen, erfolgt die (Wieder-) Einstellung an den bisherigen oder einen gleichwertigen Arbeitsplatz nur, soweit der Anspruch unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von 14 Tagen geltend gemacht wird, d.h. sobald feststeht, dass die Qualifizierungsmaßnahme nicht mehr mit dem beabsichtigten Ziel beendet werden kann. Die Bestimmungen des § 6.2 sind entsprechend anzuwenden. Für diesen Fall ist eine Ankündigungsfrist von 3 Monaten einzuhalten.

§ 7

Mindestbetriebsgröße

Die Ansprüche nach §§ 5.1, 6.1 sowie 6.4 sind ausgeschlossen in Betrieben mit in der Regel weniger als 50 Vollzeitbeschäftigten ohne Auszubildende.

§ 8

Gemeinsame Agentur der Tarifvertragsparteien zur Förderung der beruflichen Weiterbildung

Die Tarifvertragsparteien haben eine gemeinsame Agentur zur Förderung der beruflichen Weiterbildung gegründet.

Aufgabe dieser Agentur zur Förderung der betrieblichen Weiterbildung ist:

-Bei Betrieben und Beschäftigten das Bewusstsein zu stärken, dass ständige berufliche Qualifizierung notwendig ist, in dem Bemühen, Qualifikationspotentiale der Beschäftigten zu nutzen.

-Weiterbildungsmaßnahmen für un- und angelernte Beschäftigte, ältere Beschäftigte und Beschäftigte nach Arbeitsunterbrechungszeiten (z.B. Kindererziehung) zu entwickeln.

-Den Wandel der Qualifikationsanforderungen durch den Strukturwandel in der Metall- und Elektroindustrie zu beobachten und rechtzeitig Maßnahmen vorzuschlagen, die die Beschäftigungschancen der Beschäftigten nachhaltig fördern und Qualifikationsengpässen gegensteuern.

-Information und Transparenz bei den außerbetrieblichen beruflichen Qualifizierungsangeboten zu verbessern.

-Modelle für die betriebliche Weiterqualifizierung bekannt zu machen und, soweit sie fehlen, zu entwickeln.

-Unternehmen und Betriebsräte über das Angebot, Durchführung und Methoden von Qualifizierungsmaßnahmen zu beraten. Dies gilt im Besonderen für eine Beratung kleiner und mittlerer Unternehmen. Hierzu gehört auch die Beratung bei der Inanspruchnahme von Mitteln der aktiven Arbeitsmarktpolitik.

-In den Fällen des § 4.4 zur Entscheidung beizutragen.

-Qualitätsstandards für betriebliche Weiterbildung zu entwickeln, die Qualität von Weiterbildungseinrichtungen und -maßnahmen zu begutachten und ggf. zertifizieren.

Die Tarifpartner werden regelmäßig überprüfen, ob und welche Erfolge bei der betrieblichen Qualifizierung - auch durch die Agentur zur Förderung der betrieblichen Weiterbildung - erreicht worden sind.

§ 9

Schlussbestimmungen

9.1Dieser Tarifvertrag ersetzt zum 1. Januar 2022 den Tarifvertrag zur Qualifizierung vom 24. Februar 2015. Für Ansprüche, die auf Basis des TV Qualifizierung vom 24. Februar 2015 geltend gemacht wurden, gelten seine Regelungen weiter.

9.2Bestehende Betriebsvereinbarungen zur Qualifizierung bestehen fort und sind von den Betriebsparteien auf Grundlage dieses Tarifvertrages zu überprüfen.

9.3Dieser Tarifvertrag kann mit 3-Monatsfrist zum Quartal gekündigt werden.

9.4Der Arbeitgeber ist verpflichtet, in geeigneter Weise auf diesen Tarifvertrag hinzuweisen und ihn im Betrieb zur Einsichtnahme auszulegen.

Stuttgart, 11.11.2021

Verband der Metall- und ElektroindustrieIG Metall

Baden-Württemberg e. V.Bezirk Baden-Württemberg

(Südwestmetall)Bezirksleitung Baden-Württemberg

gez. Wilfried Porth gez. Peer-Michael Dick

gez. Roman Zitzelsberger gez. Barbara Resch

Tarifvertrag zur Qualifizierung für Beschäftigte der Metall- und Elektroindustrie in Baden-Württemberg 2021 - 2021

Anfangsdatum: → 2021-11-11
Enddatum: → 2022-01-01
Name Branche: → Verarbeitendes Gewerbe
Name Branche: → Herstellung von Geräten der Elektrizitätserzeugung, -verteilung u.Ä., Metallerzeugung und -bearbeitung
Öffentlicher/ privater Sektor: → In the private sector
Abgeschlossen durch:
Name Gesellschaft: → 
Namen der Gewerkschaften: → 

Weiterbildung

Trainingsprogramme → Yes
Ausbildungen → Yes
Arbeitgeber trägt zum Trainingsfond für Arbeitnehmer bei: → Yes

Arbeitsverträge

Teilzeitbeschäftigte von Bestimmung ausgeschlossen: → No
Bestimmungen zu Zeitarbeitern: → No
Auszubildende von Bestimmung ausgeschlossen: → No
Minijobs/ Studentenjobs von Bestimmung ausgeschlossen: → No
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